Besuch aus Valmiera

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Rheda-Wiedenbrück (jf). Können die Bürgermeister aus der Partnerregion Valmiera der Landesregierung etwas entgegensetzen? Die plant in dem baltischen Staat eine erneute Kommunalreform, die den sechs Bürgermeistern, die mit einer Delegation den Kreis Gütersloh besuchten, gar nicht behagt. „Das ist ein heißes Thema derzeit in Lettland“, erklärte Harijs Rokpelnis, Bürgermeister von Mazsalaca. „Wie können wir etwas anders umsetzen als es die Regierung geplant hat?“ Das sei die Frage, die sieben Bürgermeister und ihre 22-köpfige Delegation umtreibe. Wilhelm Gröver und Dr. Wolfgang Schwentker, Abteilungsleiter Umwelt beziehungsweise Ordnung beim Kreis Gütersloh, versuchten, ihnen im Kreishaus Wiedenbrück Antworten mit auf den Weg zu geben.

Einen ganzen Vormittag war für den politischen Austausch eingeplant worden, bei dem es um die Regionalplanung und die Verwaltungsstruktur in Deutschland beziehungsweise in der Region ging. Das große Interesse der Letten an dem Thema liegt an der geplanten Rolle rückwärts der Regierung in der Hauptstadt Riga: Vor rund zehn Jahren sind in Lettland die 26 Kreise aufgelöst worden, an ihre Stelle traten 109 Großgemeinden. Zwischen den sieben Kommunen des ehemaligen Kreises Valmiera und dem Kreis Gütersloh wurde ein neuer Partnerschaftsvertrag unterzeichnet, die Letten gründeten hierfür einen Verein. „Daher hätte eine erneute Kommunalreform auch keine Auswirkungen auf unsere Partnerschaft“, stellt Hans-Joachim Schwolow, Partnerschaftskoordinator des Kreises Gütersloh klar. Jetzt will die Regierung wieder größere Einheiten – sie aber plant nicht einfach die Rückkehr zu den alten Kreisen, sondern zieht die Grenzen neu und will 32 statt 26 Kreise schaffen: Und Rujiena und Naukseni, beide im Nordosten der Partnerregion, sollen laut den Plänen einem Nachbarkreis zugeschlagen werden. Der ehemalige Kreis Valka liegt an der Grenze zu Estland. Die Gemeinden wehren sich massiv dagegen, auch mit Verweis, dass es nicht mal historisch eine Verbindung zwischen den Kommunen gebe.

Zum besseren Verständnis: Dass die 109 Großgemeinden eine zu kleinteilige Struktur in einem Land mit weniger als zwei Millionen Einwohner sind, räumen auch Kritiker der Regierungspläne ein. Die Stadt Valmiera hat rund 25.000 Einwohner (2017), Naukseni als kleinste Großgemeinde im ehemaligen Kreis Valmiera rund 2100 (2017) – im gesamten ehemaligen Kreis Valmiera leben rund 60.000 Menschen. Und die verteilen sich auf viel Fläche: In Nordrhein-Westfalen kommen auf einen Quadratkilometer 524 Einwohner, in Lettland rund 31, in der Region Valmiera 9 – gut die Hälfte aller Einwohner wohnt im Ballungsraum Riga.

Mit Blick auf die Bezirksregierung sprach Dr. Schwentker ein Thema an, das für Deutschland vergleichsweise neu sei, für die Gäste nicht: So ist die Beratung sowie die Prüfung von Förderanträgen in Sachen Wolfsschutz ist eine Aufgabe des verlängerten Arms der Landesregierung. Die Letten merkten an, was für uns derzeit der Wolf sei, sei für sie der Bär. Hunderte von Wölfen leben in Lettland, Bären soll es rund ein Dutzend geben. Die Letten interessierten sich an diesem Vormittag vor allem für Punkte wie die Finanzierung der Aufgaben, Bürgerbeteiligung, Eigentumsverhältnisse etwa beim Wasser oder Boden. Gröver plädierte am Ende dafür, die regionale Zusammenarbeit auch in Lettland zu verstärken. „Ich glaube nicht, dass Sie eine mittlere Verwaltungsebene benötigen.“ Wichtig sei vielmehr die regionale Zusammenarbeit unter den Kommunen meinte er und nannte als Beispiel die Vitalregion GT8.

Der Besuch der Letten klang am Donnerstag mit der Besichtigung des Schlosses Tatenhausen sowie dem Besuch der Fronleichnamsprozession an der Kapelle Stockkämpen aus. Der Gegenbesuch einer Delegation unter Leitung von Landrat Sven-Georg Adenauer aus dem Kreis Gütersloh ist für den September 2019 geplant.

Zum Thema: Die Partnerschaft zwischen dem Kreis Gütersloh und der Region Valmiera

Zwischen der lettischen Region Valmiera (ehemals Kreis Valmiera) und dem Kreis Gütersloh besteht seit 1994 eine offizielle Partnerschaft. Anfangs leistete der Kreis vor allem materielle Hilfen. Hauptsächlich in den Bereichen Bildung, Soziales, Umwelt und Wirtschaft. Feuerwehr und Rettungsdienst der Region Valmiera haben über die Jahre Dutzende Einsatzfahrzeuge aus den Kommunen und Gemeinden des Kreises erhalten. Inzwischen stehen der fachliche Austausch und die Pflege vieler Kontakte im Vordergrund. Es findet ein reger Austausch vor allem im kulturellen und schulischen Bereich statt. Gegenseitige Besuche von Chören, Jugendorchestern, Tanzgruppen, Künstlern sowie Schulklassen tragen alljährlich zur Pflege der Partnerschaft bei. Auch offizielle Schulpartnerschaften sind entstanden, es finden Au-pair-Aufenthalte und Schüleraustausche statt. Über die Kreisverwaltung hinaus bestehen auch zahlreiche Bande zwischen einzelnen Kommunen.

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Besuch aus der Partnerregion Valmiera
Gruppenbild vor dem Kreishaus Wiedenbrück. Die lettischen Gäste informierten sich über die Verwaltungsstruktur und die Regionalplanung.